Eine bessere Vernetzung der unterschiedlichen Angebote für Gesundheit und Pflege ist dringend erforderlich, sagt Jürgen Jenecek. Der Leiter des Bildungszentrums Nord im Interview über zukunftsfähige Versorgungsmodelle, Sozial- und Pflegeausbildungen und die Gesundheitsversorgung im Bezirk Liezen.
Jürgen Jenecek leitet seit 2005 das Bildungszentrum Nord der Caritas. Der gebürtige Liezener, der heute in Niederöblarn lebt, hat u. a. Lehrerfahrungen in Iowa/USA gesammelt – eine bedarfsorientierte Schulentwicklung ist ihm ein großes Anliegen. Deshalb hat er aus einer zweijährigen Schule für Sozialdienste und einer Fachschule für Altendienste und Pflegehilfe das heutige Bildungszentrum Nord entwickelt. Dieses besteht aus einer HLW für Sozialmanagement, einer Fachschule für Sozialberufe und einer Schule für Sozialbetreuungsberufe. In 22 Klassen werden derzeit 405 Schüler*innen unterrichtet.
Jürgen Jenecek: Meine Gesundheit ist mir sehr wichtig. Ich betreibe gerne aktiv Sport als Ausgleich zu den beruflichen Belastungen im Alltag und achte auch auf meine Ernährung. In Sachen Gesundheitsversorgung habe ich das große Glück, dass ich kaum bzw. fast nie gesundheitliche Probleme habe. Im Bedarfsfall schätze ich es aber sehr, dass es in der Region eine sehr gute Gesundheitsversorgung (Ärzt*innen) gibt. Dadurch können lange Wege zu Spezialist*innen oftmals vermieden werden.
Jürgen Jenecek: Hausärzt*innen und Gesundheitszentren sind die zentralen Anlaufstellen für Menschen in der Region. Positiv zu erwähnen ist, dass wir ein dichtes Netzwerk von Rettungsdiensten besitzen, womit eine gute Notfallsversorgung sichergestellt ist. Die Hausärzt*innen in der Regionen leisten hervorragende Arbeit und machen vielfach einen Spitalsbesuch unnötig. Wünschenswert wäre es, eine Alternative zum Gesundheitstelefon zu finden – hier fehlt aus meiner Sicht der Regionalbezug.
Jürgen Jenecek: Gesundheitsvorsorge bzw. Gesundheit sind zentrale Themen im Unterricht aller drei Schultypen. In der Schule für Sozialbetreuungsberufen beschäftigen wir uns auch intensiv mit den Netzwerkpartner*innen in der Gesundheitsversorgung. Unsere Absolvent*innen (Fach-/Diplomsozialbetreuer*innen Alten- bzw. Behindertenarbeit) sind durch ihre berufliche Qualifikation befähigt, einen Unterstützerkreis für einen Menschen zu initiieren. Somit müssen unsere Schüler*innen Unterstützungs- und Beratungsangebote auf regionaler und überregionaler Ebene kennen und diese auch im Einzelfall vermitteln. Die Schüler*innen erwerben im Zuge ihrer schulischen Ausbildung die Kompetenz, personenzentriert zu arbeiten, die Zukunftsplanung und auch das Case- und Caremanagement zu übernehmen. Das heißt, sie wissen, welche therapeutischen und sozialen Angebote es für die Personen bzw. ihr Umfeld gibt, und wie sie diese bedarfsgerecht organisieren können.
Jürgen Jenecek: Die Pandemie hat gezeigt, welche Herausforderungen ein zukunftsfähiges Gesundheitssystem in einer Krise bewältigen muss. Wie unter einem Brennglas ist deutlich geworden, welche dringenden Veränderungen für eine besser vernetzte Versorgung auch außerhalb von Krisen nötig sind. Es bedarf einer Patient*innenorientierung. Die Menschen (in einer Region) sind die wichtigste Zielgruppe des Gesundheitssystems und sie wissen am besten, wo der Schuh drückt. Die Politik muss sie einbinden, fragen und zuhören – das (regionale) Wissen nutzen und mit den Menschen sprechen.
Jürgen Jenecek: Auch in unserer Region sind die Folgen des demografischen Wandels bemerkbar. Die längere Lebenserwartung schenkt uns mehr gesunde Jahre, aber auch mehr alterstypische Erkrankungen und mehr Pflegebedürftige in hohem Alter. Die Familie als festes, verlässliches Netzwerk wird fragiler und die Zahl alleinlebender älterer Menschen steigt. Familiäre Pflegepotenziale nehmen ab. Wir kämpfen in der Region mit einem Fachkräftemangel in den Bereichen Betreuung und Pflege. Vielfach konzentrieren sich Fachärzt*innen in den Städten – eine durchgehende fachärztliche Versorgung ist im ländlichen Raum nicht in allen Bereichen gewährleitest.
Meiner Meinung nach wäre es eine gute Strategie, wenn Fachpersonen und Bürger*innen gemeinsam Reformvorschläge für unser Gesundheitssystem entwickeln könnten. So könnten günstige Rahmenbedingungen für eine gute regionale Gesundheitsversorgung geschaffen werden. Unter anderem würde auch so die Entwicklung und Erprobung zukunftsfähiger Versorgungsmodelle für die Praxis gefördert werden.
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