Von einem Gesundheitszentrum profitieren die Patient*innen genauso wie die Mitarbeiter*innen, sind Gerhard Kummer und Franz Kotzent überzeugt. Gemeinsam mit Manfred Rüdiger Altenaichinger ordinieren die Hausärzte seit Herbst 2020 im Gesundheitszentrum Liezen – gemeinsam mit Physiotherapeut*innen, Gesundheits- und Krankenpfleger*innen, einer Diätologin und Ordinationsassistent*innen. Doch wie konkret sieht das Angebot aus? Warum sehen die Hausärzte im Teamwork, das ein Gesundheitszentrum ermöglicht, die Zukunft? Und wie beurteilen sie die Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung im Bezirk?
Gerhard Kummer: Wir sind ein Team aus drei Allgemeinmedizinern, die davor in eigenständigen Praxen tätig waren. Auch jetzt im Gesundheitszentrum bieten wir noch dieselben Behandlungen an, wie als selbstständige Hausärzte. Durch das zusätzliche Personal – bei uns arbeiten jetzt ja auch zwei Physiotherapeutinnen, acht Ordinationsassistentinnen, drei Gesundheits- und Krankenpfleger und -pflegerinnen und eine Diätologin – können wir aber darüber hinaus noch viel mehr anbieten. Etwa Infusionstherapie, Laborchecks, EKG, Lungenfunktionstests, Physiotherapie, Diätologie etc. In Zukunft kommen da noch weitere Angebote dazu, etwa für Diabetiker*innen, Sturzprophylaxe, Wundversorgung etc.
Franz Kotzent: Ein großer Vorteil sind die längeren Öffnungszeiten – insgesamt 50 Stunden in der Woche. Wir haben dreimal in der Woche bis 18 Uhr und auch samstags am Vormittag geöffnet. Es ist immer ein Arzt anwesend, was für die Patient*innen natürlich super ist. Sie können zu ihrem vertrauten Hausarzt kommen, wenn dieser nicht Dienst hat ist aber immer eine Vertretung da. Und es gibt viele Zusatzangebote. Auch Behandlungen, für die die Patient*innen früher ins Spital mussten, können nun wir im Gesundheitszentrum Liezen machen. Unsere diplomierten Krankenpfleger*innen übernehmen zum Beispiel die Versorgung von chronischen Wunden oder die Nachsorge von Operationen. Das ist natürlich super für die Patient*innen, weil sie sich lange Wartezeiten in Ambulanzen ersparen und nicht extra ins Spital müssen. Wir wollen diese Angebote noch deutlich ausbauen.
Gerhard Kummer: Uns ist die Zusammenarbeit im Team sehr wichtig. Wir präsentieren uns gegenseitig Fälle und kommen dann gemeinsam zu einer Lösung, das ist natürlich positiv für die Behandlungsqualität.
Gerhard Kummer: Wir haben kompetente Mitarbeiter*innen, die uns in vielen Bereichen entlasten. Sie übernehmen beispielsweise das EKG und ein Laborbild und die*der Patient*in kommt dann gleich mit dem fix fertigen Befund zu uns. So können wir uns voll auf die Behandlung und das persönliche Gespräch konzentrieren.
Franz Kotzent: Es ist irrsinnig spannend, im Team zu arbeiten – das hatten wir alle drei seit unserer Zeit im Krankenhaus, die Jahrzehnte zurückliegt, nicht mehr. Wir haben wirklich ein super Team, mit engagierten jungem Mitarbeiter*innen. Ich kann wirklich jedem Kollegen und jeder Kollegin empfehlen, im Team zu arbeiten, das ist sicher die Zukunft. In einem Gesundheitszentrum ist es auch viel einfacher, als Hausärztin oder Hausarzt Teilzeit zu arbeiten, das wird ja auch immer mehr nachgefragt. Ich war 27 Jahre im niedergelassenen Bereich, irgendwann brennst du aus. Und gerade junge Kolleg*innen sagen, sie wollen mehr Abwechslung und nicht für alles allein verantwortlich sein. Genau das kann ein Gesundheitszentrum bieten.
Gerhard Kummer: Von Anfang an sehr gut. Wir haben inzwischen 350 bis 550 Karteieinträge täglich, also telefonische und persönliche Behandlungen. Die Patient*innenfrequenz steigt und wir wollen auch personell aufstocken. Am Anfang gab es schon Ängste, dass der persönliche Kontakt zu uns als Hausärzten nicht mehr da ist. Wir nutzen in unseren Ordinationsräumlichkeiten im Gesundheitszentrum ganz bewusst unsere alte Einrichtung, die wir in den Einzelpraxen hatten, um zu zeigen, dass die Menschen nach wie vor zu ihrem Hausarzt kommen. Aber dass sie eben zusätzlich den Vorteil haben, dass es auch eine Vertretung gibt und immer jemand erreichbar ist. Nun merkt man immer stärker, dass sich die Menschen an das neue System gewöhnen und die Vorteile sehen.
Franz Kotzent: Es braucht auch in Zukunft ein gutes persönliches Verhältnis zwischen Ärzt*innen und Patient*innen. Für mich gehört da auch dazu, dass man Hausbesuche macht, was wir im Gesundheitszentrum auch machen. Und wichtig ist auch, dass nicht alles auf den Hausärzt*innen lastet. Diplomierte Kräfte können Infusionen anhängen, Verbandswechsel machen und vieles mehr. Wir sollten uns wirklich auf das persönliche Gespräch konzentrieren können, das ist das allerwichtigste.
Gerhard Kummer: Oft sind fünf Minuten Gespräch wirkungsvoller als ein Rezept, dass man aufschreibt.
Franz Kotzent: Ein großer Vorteil des Leitspitals ist, dass die jungen Kolleg*innen effizienter arbeiten können. Sie können sich in ihrem gewählten Fachgebiet gut beschäftigen und ganz andere Operationen machen, als in einem normalen Spital. Dadurch steigt die Routine. Wir sind absolute Befürworter von einem Leitspital. Es stimmt zwar, dass wir dann insgesamt weniger Krankenhausbetten im Bezirk haben. Man braucht aber heute auch nicht mehr so viele Betten wie früher. Da sind die Leute ja 14 Tage im Spital gelegen, das war ganz normal. Heute sind es wenige Tage und es gibt die Gesundheitszentren als neues Angebot – wir entlasten die Krankenhäuser, weil wir die Nachsorge übernehmen können.
Gerhard Kummer: Durch das Leitspital wird hoffentlich das Personalproblem endlich gelöst. Es ist natürlich schwierig, drei Spitäler am Laufen zu halten, da sehe ich das Leitspital als Konzentration. In einem größeren Spital kann ich als Arzt auch mehr Erfahrungen sammeln. Die drei Spitäler im Bezirk leisten sehr gute Arbeit, aber für viele Behandlungen braucht es ein größeres Zentrum, die Fälle müssen wir heute nach Leoben oder Graz schicken. Mit dem Leitspital können auch speziellere Fälle im Bezirk behandelt werden.
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(Fotocredit: Christoph Huber)